Rezension: Tagebuch der Apokalypse

Alles kein Problem

tagebuchderapokalypse
Das Cover ist nicht gerade brillant. Und trotzdem vielleicht das Beste an diesem Buch.

Gleich vorweg: Es gibt Ausnahmen. Und trotzdem würde ich – läge es in meiner Macht – eine Regel aufstellen: Angehörige des US-Militärs sollten die Griffel von der Tastatur lassen. Ehrlich. Vor Allem, wenn sie vorhaben Zombie-Romane zu schreiben. Warum? Dieses Buch zeigt genügend Gründe auf.

Diese gibt es natürlich wie Sand am Meer – und einige der besten kommen tatsächlich aus den USA. Die Vielseitigkeit dieses Landes macht es als Bühne für große Katastrophen perfekt; wie man nicht zuletzt auch in der Zeitung lesen kann.

Wenn es um Fiktion geht, dann kann man getrost noch einen drauf setzen, denn jeder weiß, wie Amerikaner ticken. Zumindest jene in den Büchern. Und vielleicht ist es das, was dieses Buch so … langweilig macht? Ich weiß es nicht. Aber langweilig war es.

Es ist eben so…

Die Untoten sind in den meisten Zombie-Büchern Staffage. Sie erzeugen die Atmosphäre und rücken, sind sie einmal als das dauerpräsente Übel etabliert, sofort in den Hintergrund. Sobald diese permanente Spannung aufgebaut ist, wendet sich der Autor den Menschen zu, den Überlebenden, die in diesem neuen Umfeld aufeinander reagieren. Sie sind es, die eine Zombie-Geschichte spannend machen, wenn sie mit ihren unterschiedlichen und unterschiedlichsten Vergangenheiten ungebremst aufeinanderprallen. Deshalb ist das Um und Auf einer guten post-apokalyptischen Story in ihren Protagonisten zu finden.

Bourne hat genau einen Charakter, über den wir wirklich etwas wissen. Und das wenige, das wir wissen, ist – schlicht – langweilig.

Gefühllos erzählt er vom ersten Misstrauen eines US-Soldaten während der ersten Grippe-Welle in China. Schon sein erster Verdacht, die Seuche könnte ins Land eingeschleppt werden, reicht aus um sich mit Vorräten einzudecken und die ersten Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Kurz darauf beruhigt der Präsident das Volk in einer Fernsehansprache (was, zugegebener Maßen, immer ein Grund zur Sorge ist); verschwindet aber danach von der Bildfläche. Eine Tatsache, die unseren Soldaten bereits dazu bringt, sich nicht mehr zum Dienst zu melden.

Und damit macht er noch immer alles richtig. Eine echte Gefühlsregung liest man nicht au seinen ‚Tagebucheinträgen‘. Sein Desertieren wird mit weniger Hingabe beschrieben als seine Überlegung zu seiner Solaranlage. In späteren Phasen freilich verständlich – aber vor dem Auftauchen der ersten Untoten in seinen Gefilden eher … nun ja. Merkwürdig.

Dann schwappt endlich die erste Zombie-Welle über sein Kaff hinweg. Er ignoriert sie, mehr oder weniger. Ein Nachbar, der eben seine Frau verloren hat, scherzt herum, nachdem er dem Soldaten eine Kommunikationsmöglichkeit quer über Straßenzüge via gespannten Gymnastikband (der toten Frau) zukommen lässt. Kurze Zeit später werden Atombomben auf die größten Städte geworfen – einziges Problem für unseren Soldaten ist der Sprengradius, in dem er sich befindet. Ein oder zwei Mal wird der nukleare Winter noch erwähnt, hauptsächlich um ein späteres Versteck zu rechtfertigen, über das der Soldat stolpert.

Wo er dann (völlig unlogischer Weise) von einer Art Post-Zivilisation-Motorrad-Gang angegriffen wird. Mehr oder weniger Grundlos. Aaaaaaah.

Ich will noch soviel schreiben, was an dem Aufbau schlecht war, dass es mir weh tut hier zu Gunsten der stilistischen Schwächen abbrechen zu müssen. Zur Erinnerung: Das Ganze ist als Tagebuch aufgebaut. Als Tagebuch, verdammt.

So schreibt doch niemand ein Tagebuch

Ein solches ist für eine Zombie-Geschichte ein wirklich undankbares Pseudo-Medium. In der Story selbst, zum Beispiel, müsste man darauf Rücksicht nehmen, dass ein solches Tagebuch auch transportiert werden will. Es handelt sich dabei um einen physisch vorhandenen Gegenstand – mit soetwas wie Raummaßen und Gewicht. Der Dicke des tatsächlichen Buchs nach zu urteilen, würde der Text als Handschrift jedenfalls ein dreibändiges Werk bedeuten, das unser Soldat durch den Weltuntergang spazieren führen müsste. Ganz abgesehen davon, dass auch Fotos drinnen kleben – und ich mich nicht entsinnen kann irgendwo eine plausible Erklärung dafür gelesen zu haben.

Und dann die Eintragungen! Erst erwähnt er explizit, dass der Mann seiner Mutter sein Stiefvater ist – und dann schreibt er allen Ernstes das Wort ‚Dad‘ in Klammern (!) dahinter. Das ist eine Kleinigkeit, die nur stellvertretend dafür stehen soll, dass für ein Tagebuch übertrieben untypische Erläuterungen und Formulierungen benutzt wurden.

Irgendwann dürfte das auch dem Autor aufgefallen sein, sodass er eine knappe Erläuterung irgendwo in den Text gekritzelt hat. Das Tagebuch ist demnach quasi für nachfolgende Überlebende geschrieben. Wenn dem so wäre – wieso wird dann der (nicht aktiv werdende) Freund aus dem Jahre Schnee besser beschrieben als … keine Ahnung … Überlebensstrategien, die er als Soldat ja wohl gelernt haben sollte?

Schluss machen

Ich glaube, ich höre jetzt auf. Selbst wer es nicht bis hierher geschafft hat sollte einen Eindruck von meiner Meinung über dieses Buch bekommen haben. 🙂

Vielleicht gibt es ja trotzdem jemanden, der über den Stil hinwegschauen und sich an der Martial-Art ergötzen kann. Ich kann das leider nicht.

Spart Eure Lebenszeit. 😉


tagebuchderapokalypseTagebuch der Apokalypse
J L Bourne

Heyne Verlag
Taschenbuch, 336 Seiten
978-3453527935

(D) € 8.99
(A) € 9.30

6 Kommentare zu „Rezension: Tagebuch der Apokalypse“

  1. Hallöchen,
    ja, sowas ist immer furchtbar. Wenn man während des Lesens am liebsten immer zu schreien möchte, weil es immer schlimmer wird. Schade, Zombies haben immer soviel Potenzial, finde ich! 🙂

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    1. Hi! 🙂

      Ja, allerdings. Wobei es in diesem Fall einfach nur Überwindung kostete weiterzulesen.

      Immer, wenn ich negative Rezensionen schreibe, lese ich zuerst andere Meinungen um zu sehen, ob ich übertreibe. Und wenn ich sie dann geschrieben habe, lese ich noch mehr davon – nur um sicher zu gehen. Dabei ist mir aufgefallen, dass ein solches Schreien scheinbar ganz in Ordnung geht. 😀

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  2. Bislang habe ich nur einen Zombieroman gelesen, und das eher versehentlich (d.h. ich wusste nicht, dass es um Zombies ging). Das Buch kann ich dir aber empfehlen, wenn ich deine Kriterien anschaue. Es ist ‚The Girl with all the gifts‘ (Die Berufene) von M. R. Carey. Da es mein erstes Zombiebuch war, hat es ewig gedauert, bis ich gerafft habe, dass es um Zombies geht. Ein geübter Zombieleser merkt das vermutlich schon frühzeitig. 🙂 Falls du kannst, würde ich dir empfehlen, das englische Original zu lesen.

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    1. Danke – merke ich mir. Ich hab‘ allerdings in den letzten Wochen ~ € 300.- für Bücher ausgegeben und muss einen Gang hinunter schalten. So eine Scheidung ist nämlich nicht billig. 😀

      Klingt aber spannend und kommt auf meine Liste.

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      1. Und ich dachte, als Buchhändler sitzt man an der Quelle. 😉 So viel Geld kann ich nicht für Bücher ausgeben, und ich bin nicht geschieden. 😀

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      2. Das mit der Quelle ist ja gerade das Problem. 😀

        Ich auch (noch) nicht. Aber wenn ich das noch ein paar Mal mache … vielleicht. 😉

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